A wie Anfänger
Abbruchsignal
Die moderne Hundeerziehung setzt auf positive Verstärkung. Für alles, was gut gemacht wird, gibt es eine Belohnung. Das hat bei Paula auch immer gut geklappt. Was macht man aber, wenn ein Hund sich eine schlechte Eigenart angewöhnt hat? Wofür soll man ihn dann belohnen? Da führt kein Weg an einem Abbruchsignal vorbei. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten wie sog. Wurfdisks oder Rasseln, die durch ihr Scheppern bewirken, dass der Hund mit dem, was er gerade tun will, gar nicht erst anfängt, bzw. sofort aufhört.
Bei Paula habe ich mich für die Wasserflasche entschieden, nachdem ich ihr jahrelang die „Leinenpöbelei“ gegenüber anderen Hunden nicht völlig abgewöhnen konnte. Ich hatte alles Mögliche versucht, wie im Trainingstagebuch nachzulesen ist.
Also nahm ich die Wasserflasche eine Zeitlang bei jedem Spaziergang mit, und zwar so, dass ich sie in Sekundenschnelle zur Hand hatte. Sowie Paula loslegte, bekam sie eine kräftige Dusche mitten auf die Nase. Nun musste sie sich schütteln statt weiter zu „pöbeln“. Es war ihr offensichtlich unangenehm, so nass gespritzt zu werden. Sie gewöhnte sich die „Leinenpöbelei“ sehr schnell ab.
Ich glaube, es war aber nicht die Wasserflasche allein, die diese Wirkung hatte. Wenn ich nämlich die Flasche in der Tasche hatte, fühlte ich
mich sicherer. Ich hatte keine Angst mehr vor Hundebegegnungen, auch wenn es sehr eng war. Ich versuchte nicht auszuweichen, sondern im Gegenteil, ich suchte die Hundebegegnungen, um zu üben. Paula
muss meine Selbstsicherheit gemerkt haben. Inzwischen brauche ich die Flasche nicht mehr. Aber ich nehme sie immer noch mit, wenn wir den Fußgängerüberweg in der Nähe unserer Wohnung überqueren
müssen. Dort war es immer am schlimmsten. Sie ist jedoch schon lange nicht mehr zum Einsatz gekommen.
Alleinlassen
Welpen sollte man nie allein lassen, sonst bleiben sie immer ängstlich. Sie müssen, genau wie Menschenkinder, erst ein Urvertrauen zu ihren Bezugspersonen entwickeln. Erst wenn sie das haben, kann man das Alleinbleiben Schritt für Schritt üben, und zwar minutenweise. Wie man dabei vorgeht, ist in guten Erziehungsbüchern sehr gut beschrieben.
Allergie (medizinisch genauer: Unverträglichkeit)
Nicht nur Menschen, sondern auch Hunde können eine Unverträglichkeit gegenüber Nahrungsmitteln entwickeln. Diese kann sich sowohl körperlich, als auch im Verhalten bemerkbar machen, nämlich durch Hyperaktivität. Heute liest man immer wieder vom ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-und Hyperaktivitäts –Syndrom). Das ist eine Krankheit, unter der sehr viele Kinder leiden. Es gibt inzwischen den Verdacht, dass sie von einer Nahrungsmittelallergie stammen könnte. Denn als es noch keine industriell gefertigte Nahrung gab, gab es auch keine Kinder mit dieser Krankheit.
Als Paula diverse Symptome von Hyperaktivität zeigte, blieb mir nichts anderes übrig, als mich intensiv damit zu beschäftigen. Ich wurde Gott sei Dank fündig und stellte ihre Ernährung um. Paula reagierte nicht nur allergisch auf ihr Trockenfutter, sondern auch auf zu viel Eiweiß. Bis wir das herausgefunden hatten, dauerte es gut drei Monate, und hat viel Nerven und Geld gekostet. (Nach der Nahrungsumstellung kam dann die Umerziehung, denn Paula hatte sich während der Zeit ziemlich viele Unarten angewöhnt, die durch unsere Verunsicherung noch verstärkt wurden.) Am Anfang stand das Buch „Hilfe, mein Hund ist unerziehbar!“ von Dr. med. vet. Vera Biber, die übrigens auch das Buch „Hilfe, mein Kind ist unerziehbar!“ geschrieben hat. Beide Bücher aus eigener Erfahrung mit einem hyperaktiven Hund und einem hyperaktiven Kind.
Analdrüsenentzündung
Früher hatte Paula von Zeit zu Zeit eine Analdrüsenentzündung. Das ist eine sehr unschöne Sache. Es riecht unerträglich, und für den Hund ist es auch unangenehm. Man soll die Analdrüsen ausdrücken, wenn es anfängt zu riechen, so dass sie sich nicht entzünden können. Das ist aber wirklich keine schöne Aufgabe, und es ist auch nicht so einfach.
Die Analdrüsen werden aber ganz automatisch ausgedrückt, wenn der Kot nicht zu weich ist. Damit das öfter mal passiert, sollte man seinem Hund ab und zu einen Knochen (Schinkenknochen oder Sandknochen) geben. Der Knochenkot ist sehr fest, und die Analdrüsen entzünden sich nie wieder.
Übrigens gehören die sogenannten Kauknochen aus Rinderhaut nicht zu denen, die den Kot fester machen, im Gegenteil, davon wird er weich und fördert so die Analdrüsenentzündung.
Anspringen
Anspringen ist zwar ein ganz normales Begrüßungsverhalten für den Hund, aber man sollte es ihm so schnell wie möglich abgewöhnen, sonst bekommt man Ärger mit vielen Leuten. Am besten man bittet Bekannte und Verwandte, dass sie den Welpen ignorieren, wenn er sie anspringt (d. h. umdrehen und nicht beachten!). Bei Welpen funktioniert das noch ganz gut.
Leider gab es zu wenig Bekannte, Freunde und Verwandte, die da mitmachten. (Vielleicht haben wir auch nicht allzu sehr darauf gedrungen.) Die meisten gaben die freudige Begrüßung zurück und ließen sich dabei anspringen und anknabbern. So ein Welpe ist ja auch so unglaublich süß. Paula fühlte sich als Hauptperson. Die Menschen wurden ja erst in zweiter Linie begrüßt. Das hatte zur Folge, dass das Anspringen nicht aufhörte und dass sie immer ein großes Theater machte, wenn Besuch kam.
Das mussten wir ihr erst wieder abgewöhnen. Wie? Durch Ignorieren. Das fiel schwer, hatte aber den Nebeneffekt, dass die Menschen sich wieder viel herzlicher begrüßten als vorher, um dem Hund klarzumachen, dass das Anspringen keinen Vorteil für ihn hat. Danach kam Paula aber doch dran, und bald sprang sie nicht mehr hoch, sondern wartete einfach, bis sie an der Reihe war.
Wie alles, was man nicht ständig übt, hat sie sich dieses gute Benehmen doch noch wieder abgewöhnt. Wir mussten es immer wieder auffrischen.
Wir haben die Besucher gebeten, sich von ihr abzuwenden und starr wie eine Salzsäule in eine andere Richtung oder an die Decke zu schauen, bis Paula gemerkt hat, was Sache ist.
Auch die PLATZ-Übung beim Laut der Türklingel hat dazu beigetragen, dass Ruhe in die Begrüßungszeremonie eingekehrt ist. Manchmal wartet Paula jetzt sogar im Platz, bis der Besucher sie begrüßt.
Dann bin ich immer ganz besonders stolz.
Angst
Welpen haben oft Angst, wenn etwa plötzlich ein lautes Geräusch kommt oder eine unerwartete Bewegung. Auch „verkleidete Wesen“, wie etwa Briefträger oder Leute mit Regenschirm erkennen sie nicht als solche, sondern als Gefahr. Das erste, worauf wir in der Welpenspielstunde hingewiesen wurden, war, dass man den Hund dann auf keinen Fall trösten soll, auch wenn er einem noch so leid tut. Denn das bedeutet für den Hund, dass es tatsächlich etwas Schlimmes sein muss, wenn Frauchen ihn so sehr tröstet.
Aber was dann machen? Das Gegenteil! Und so ist es uns tatsächlich gelungen, Paula die Angst vor dem Müllwagen, der morgens im Dunkeln plötzlich vor der Haustür stand, und die Angst vor dröhnend lauten LKWs, die an der Ampel dicht an ihrer Nase vorbeifuhren, zu nehmen. Wir haben nämlich mit der größtmöglichen Freude in der Stimme: „Guck mal da, toll!“ gerufen. Man sollte es nicht glauben. Es hat geklappt, und zwar sofort. Paula hat sogar ganz vorsichtig mit dem Schwanz gewedelt, den sie zuvor noch eingezogen hatte.
Anmeldung
Wenn man sich einen Hund angeschafft hat, sollte man ihn so schnell wie möglich anmelden. Das macht man beim Einwohnermeldeamt, und von dort wird die Meldung zum Finanzamt weitergeleitet. Nun muss man nur noch warten, bis man den Hundesteuerbescheid bekommt.
Das dauert erfreulicherweise recht lange. Vorher muss man aber eine Hundehaftpflichtversicherung abschließen. Das ist Pflicht.
Aufmerksamkeit
Wer vorhat, ohne Leine stressfrei mit seinem Hund spazieren zu gehen, muss sicher sein, dass der Hund sich an ihm orientiert. Wenn dieser nicht aufmerksam ist, macht er z. B. keine Richtungsänderungen mit oder reagiert nicht auf Rufen etc.
Als wir die ersten Male mit Paula spazieren gegangen sind, haben wir da so einiges falsch gemacht. Wir haben sie an die Schleppleine genommen, damit sie nicht weglaufen konnte und sind immer hinter ihr her gegangen. Wir haben uns an ihrer Neugier gefreut und sie hier und da schauen und schnüffeln lassen. Wenn sie keine Lust mehr hatte, sind wir weiter gegangen. Sie hat den Weg bestimmt. Das Ende vom Lied: Paula fühlte sich sehr sicher: Wir waren ja immer bei ihr.
Es war nicht nötig, zu uns zu kommen. Sie hatte gelernt, dass sie nicht aufmerksam sein muss.
Dabei ist es so einfach, einen Welpen zur Aufmerksamkeit zu erziehen. Welpen suchen ja noch den Schutz ihres Rudels. Man kann sie in ungefährlichem Gebiet ruhig ganz ohne Schleppleine laufen lassen.
Wir haben das dann nachgeholt und unseren Fehler noch korrigieren können. Wir haben sie abgeleint und uns ab und zu hinter einem Baum versteckt. Nach einiger Zeit merkten wir, wie sie suchend in der Gegend herumschaute. Da haben wir sie gerufen und uns zu erkennen gegeben. Sofort ist sie erleichtert zu uns her gelaufen. Seitdem schaute sie sich öfter um, um sich zu vergewissern, wo wir waren. Oder, wenn sie bei uns im Park einen kleinen Ausflug im Galopp gemacht hatte, kam sie genau an den Ort wieder zurück, wo sie uns verlassen hatte.
Das änderte sich jedoch, als Paula älter wurde. Die stressfreien Spaziergänge waren vorbei. Sie war nämlich längst nicht mehr so aufmerksam. Wir hörten von anderen Hundebesitzern, dass es ihnen ebenso ergangen sei, aber das half nicht wirklich.
Wir haben uns mal wieder gefragt, ob wir vielleicht auch ein bisschen selbst Schuld hatten. Und wie es meistens ist, wir hatten. Wir waren nämlich, weil alles so gut klappte, immer die gleichen Wege gegangen, oft auch noch in der Unterhaltung mit anderen Hundebesitzern vertieft. Aufmerksamkeit war also gar nicht nötig.
Da bekamen wir den Tipp mit dem riesengroßen eingezäunten Hundeauslaufgebiet, zu dem wir in ca. 20 Minuten Autofahrt gelangen konnten. Hier hatte Paula erstens eine Unmenge von Spielkameraden, um sich auszutoben, und - was für unseren Übungszweck hervorragend war: wir konnten uns ohne Angst entfernen, weil das Gebiet komplett eingezäunt ist. Das taten wir dann auch, als Paula sich gar nicht mehr um uns kümmerte.
Wir gingen seelenruhig weiter, bis wir wieder an den Eingang kamen. Dort saß sie. Sie hatte uns schon von weitem gesehen und kam auf uns zugerannt.
Danach hat sie uns nicht mehr aus den Augen gelassen. Sie ist natürlich jedes Mal fürstlich von uns belohnt worden, wenn sie stehen blieb und sich umschaute oder sogar schnell einmal zu uns herkam. Auch an den nächsten Tagen war es noch genauso. Sie kam sogar zwischendurch aus dem Spiel mit anderen Hunden zu uns, um dann schnell wieder weiterzuspielen.
Wenn jetzt Paulas Aufmerksamkeit mal wieder nachzulassen scheint, drehen wir uns um und gehen in eine andere Richtung. Sie ist aber immer sehr schnell wieder bei uns. (Wenn sie allerdings in einem Jagdgebiet ist, gilt das alles nicht mehr. Da hilft nur noch die Leine.)
Aufräumen
Wir hatten Paula ganz langsam daran gewöhnt, eine Weile allein zu bleiben. Es klappte auch die erste Zeit wunderbar. Immer wenn sie müde, satt und zufrieden war, musste sie schlafen. Da konnten wir ruhig mal eine Stunde wegbleiben. Sie nahm auch nichts vom Tisch oder aus dem Zeitungskorb. So gingen wir eines Tages wieder mal für ein Stündchen weg. Als wir nach Hause kamen, sahen wir Paula inmitten eines Berges von Zeitungspapier, das in kleine Schnipsel zerrissen war. Dazwischen lagen die Einzelteile der Fernbedienung für den Fernseher. Im ersten Moment waren wir entsetzt. Dann aber nur froh, dass nichts passiert war und sie nichts von der Fernbedienung gefressen hatte. Wir hatten einfach nicht bedacht, dass Paula nun schon etwas älter war und nicht mehr die ganze Zeit schlief. Ab jetzt war Aufräumen angesagt, bevor wir weggingen. Einmal hatten wir jedoch die Zeitschrift vom Pudelclub liegen lassen. Vielleicht dachten wir, Paula wollte darin lesen? Aber wie man sieht, war sie ihr zu langweilig. Das konnten wir ja nun gar nicht verstehen.
AUS
AUS ist aus meiner Sicht zumindest in einer Großstadt eins der wichtigsten Kommandos in der Welpenerziehung. Es gibt bei jedem Spaziergang in der Stadt unzählige Dinge, die der Hund fressen möchte. Ob es weggeworfene Chipstüten, Kaugummis, angebissene Brötchen oder gebrauchte Taschentücher sind. Man glaubt gar nicht, was alles auf den Bürgersteigen liegt. Und Welpen sind da genau wie Menschenkinder. Um den Welpen vor Durchfall, Vergiftung und Darmverschluss zu bewahren, muss man das AUS schon frühzeitig üben.
Das ist eigentlich ganz einfach. Man gibt dem Welpen z. B. ein Spielzeug und hält ihm ein Leckerli hin. In dem Moment, wo er das Spielzeug fallen lässt, um das Leckerli zu nehmen, sagt man AUS. Das hat bei Paula vorzüglich geklappt. Unterwegs musste ich dann natürlich immer genügend Leckerlis dabei haben. Und auch zu Hause habe ich es noch oft geübt.
Wenn sie allerdings einen Knochen findet, dann nützt es nichts. Habe ich sie an der Leine, kann ich ihr den Knochen aus der Schnauze nehmen. (Das ist ein Kraftakt.) Ich habe nämlich immer Angst, dass sie von Knochen lebensgefährliche Darmverletzungen bekommen könnte. Es sind zwar nicht alle Knochen gefährlich, aber z. B. Röhrenknochen.
Autofahren
Man muss den Welpen auf jeden Fall von Anfang an ans Autofahren gewöhnen. Das heißt, ihn nicht nur dann mitzunehmen, wenn es nötig ist, sondern jeden Tag eine kleine Fahrt mit ihm machen. Wer in der Stadt wohnt, hat sowieso meistens die Notwendigkeit, mit dem Auto zu einem Ort zu fahren, wo man den Hund frei laufen lassen kann.
Paula sitzt im Kofferraum. Das gefällt ihr sehr gut. Wenn man ein Hundegitter hat, ist das auch verkehrstechnisch erlaubt. Zu Anfang haben wir ihr noch Spielzeug und kleine Kauknochen gegeben, aber jetzt ist das längst nicht mehr nötig. Sie schaut mit Vorliebe aus dem Fenster oder macht nach einem längeren Spaziergang auch gern ein Schläfchen.