Trainingstagebuch

 

Der Grund dafür, dass viele Menschen aufgeben ist,
dass sie dazu neigen darauf zu schauen,
wie weit sie noch gehen müssen,
anstatt darauf, wie weit sie schon gekommen sind.


15. 10. 2011

 

Nach der ersten Euphorie (siehe: Jeder Hund ist anders) gab es natürlich gleich die erste Enttäuschung. Direkt vor der Haustür, bei den vielen Katzen, an denen wir vorbeigehen müssen, ist Paula absolut nicht zu Kunststückchen aufgelegt. 

Aber ich bin jetzt ehrgeizig. Ich will es schaffen. Also lasse ich sie nicht einfach selbst entscheiden, wie sie gehen möchte, sondern da heißt es "Augen zu und durch!", und zwar an kurzer Leine. Die "magische Hand" * halte ich ihr dabei vor die Nase. Ist sie wieder etwas ruhiger geworden, kommen dann die ersten Futterfangspielchen.

Wie zu erwarten war, sind die "Trick-Spaziergänge" dann am schönsten, wenn keine bis wenig Ablenkung da ist. 

 

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 * Die Hand ist mit Futter gefüllt, und man lässt langsam Stück für Stück durch die Finger gleiten. Gefunden in: Hunde einfach erziehen von Dorothee Schneider

 

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Fazit nach gut einer Woche:

Ich konzentriere mich viel mehr auf Paula bei den Spaziergängen. Das hat zur Folge, dass sie sich mehr an mir orientiert. Sie geht nicht mehr so oft ihrer eigenen Wege. 

 

Weitere Beobachtung:

Dadurch, dass ich sehr viel einfach so zum Spaß mit ihr übe, folgt sie meinen Kommandos auch unter Ablenkung viel besser.

 

Noch eine Beobachtung:

Paula liebt die Abwechslung. Immer Tricks üben ist auch langweilig. Zwischendurch mal Futterfang- oder Suchspielchen sind sehr willkommen. Und wenn sie mal eine Weile schnüffeln darf, ist das auch nicht schlecht. Außerdem bin ich selbst auch nicht immer zu Tricks aufgelegt. Auch eine oder zwei Minuten mit mir zu joggen ist als Abwechslung immer angesagt. 

 

Hundebegegnungen:

Ich bilde mir ein, dass Hundebegegnungen ohne Leine bzw. an schleifender Schleppleine entspannter geworden sind. Vielleicht liegt es ja daran, dass wir wenig ängstliche Hunde getroffen haben, aber es scheint tatsächlich die ersten Fortschritte zu geben. Die Begegnungen sind meistens kurz, manchmal mit ein wenig Gebell, wenn das Gegenüber nicht so ganz nach ihrer Nase ist. Aber Paula kommt schnell zu uns, wenn wir sie rufen.

 

Und wie ist es mit den Hundebegegnungen an der Leine?

Paula ist entspannter, wenn ich den anderen Hund von weitem sehe und sie im Sitz warten lasse. Sie lässt nicht von der "magischen Hand" ab, schaut den anderen Hund aber sehr aufmerksam an.

Ist der Hund auf der gegenüberliegenden Straßenseite, gehe ich nur mit "magischer Hand" vorbei. Das geht auch meistens gut. Nur die direkten Begegnungen muss ich noch meiden.

 

 

22. 10. 2011

 

Schon nach fast drei Wochen ist ein Riesenfortschritt zu bemerken. Und zwar in jeder Beziehung!

Paula orientiert sich auf Spaziergängen immer mehr an mir, weil sie weiß, dass es dort irgend etwas gibt, was ihr Spaß macht. Sie kommt dann zu mir und schaut mich auffordernd an. Auf den Feldern ist es jetzt meist die Futtersuche in der umgepflügten Erde. Da ist sie eine Meisterin. Aber wir machen auch immer wieder ihre Lieblingskunststücke.

 

Auch das Katzenproblem bekommen wir langsam in den Griff. Die Vorgärten werden nicht mehr grundsätzlich nach Katzen abgesucht. Paula weiß zwar, wo es überall welche gibt, aber wenn keine da ist, lässt sie sich von Futterfangspielchen ablenken. Gottseidank ist es inzwischen so kalt geworden, dass nicht mehr vor jeder Haustür eine liegt. Taucht jedoch plötzlich eine auf, ist es aus mit Paulas Entspannung. Dann kann ich kaum noch die Leine halten.

 

Hundebegegnungen an der Leine werden dagegen immer entspannter. Mit der "magischen Hand" kommen wir überall vorbei. Wichtig ist es jetzt,  auf jedem Spaziergang genügend Futter mitzunehmen, so dass es keine Rückfälle mehr geben kann.  Denn diese Gegenkonditionierung dauert sicher eine längere Zeit, bis sie wirklich hundertprozentig wirkt.

 

Aber warum klappt es jetzt aufeinmal so gut? Ich habe doch auch vorher schon oft versucht, Paula von anderen Hunden und Katzen abzulenken? 

Es muss etwas damit zu tun haben, dass Paula sich jetzt richtig gut bei mir fühlt und nicht mehr den "Kick" so oft woanders suchen muss. Sie geht zwar immer noch gern auf Spurensuche, lässt sich aber auch da von meinen Futtersuchspielen inzwischen immer öfter ablenken. Und - was mich besonders freut - sie sucht nicht mehr so oft das Weite auf den Feldern. Wenn sie ein Leckerli gefunden hat, und wir sind schon weiter gegangen, kommt sie hergerast und schaut mich an: "Wo ist das nächste?"

Auch vom Buddeln am Mauseloch muss ich sie jetzt nicht mehr abholen. Wir gehen einfach weiter, und sie kommt, sowie wir außer Sichtweite sind, angedüst. 

 

Und wie ist es mit dem Mobbing von ängstlichen Hunden? Auf unseren Spaziergängen auf den Feldern haben wir in letzter Zeit keine getroffen. Aber heute beim Agility-Training hat Paula zwei Hunde kennengelernt, die in der Gruppe vor uns dran waren. Eine große, gar nicht so selbstbewusste Hündin, wie mir ihr Frauchen erzählte, und eine kleine, der sie normalerweise sofort gezeigt hätte, "wo es längs geht". Und heute hat sie mit beiden gespielt. Das lässt doch hoffen - und ein kleines bisschen stolz sein.

 

Eine Sache muss ich noch ergänzen. Parallel zu unseren "Aktivspaziergängen" bemühe ich mich jetzt noch konsequenter, den Grundgehorsam nicht zu vernachlässigen. Es gibt keine Ausnahmen, auch zu Hause nicht. Ich glaube, so kommen wir auf die Dauer zu einem guten Ergebnis.

 

Und last not least muss ich sagen, dass ich jetzt auch viel mehr Ruhe ausstrahle, weil ich endlich für mich selbst herausgefunden habe, wie ich speziell mit Paula umgehen muss, und nicht wie man Hunde erziehen soll. Vor allem gibt es keine einzige Situation mehr, in der ich mich hilflos fühle und aufgeben möchte oder aus lauter Enttäuschung anfange zu schimpfen oder böse auf Paula zu sein.

Ich versuche immer, ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich zu lenken, sei es durch Ablenkung oder durch Abbruch der Situation. (Umkehren, wenn eine Katze auftaucht, ein strenges "Nein", wenn sie im Maisfeld verschwinden will oder ein fröhliches "Zuuurück!", wenn sie zu schnell nach vorne durchdüst.) Ich benutze auch das "Nein" jetzt wieder öfter. Zu Hause befolgt Paula dieses Kommando schon immer sehr gut. Ich habe es unterwegs eigentlich viel zu selten angewandt. Damit kann man manche unangenehme Situation schon im Vorwege vermeiden. 

 

 

29. 10. 2011

 

Jetzt heißt es nur noch "Dranbleiben" und nicht durch kleine Rückschläge verwirren lassen. Es ist ein paar Mal vorgekommen, dass Paula an der Leine wieder anfing zu pöbeln, und zwar in folgenden Situationen: a) wenn der andere Hund zu dicht an uns vorbeigehen musste, b) wenn der andere Hund anfing zu kläffen, während wir vorbeigehen mussten, c) wenn ich unaufmerksam war und der andere Hund plötzlich auftauchte. 

Zunächst bin ich bei solchen Rückschlägen immer wieder enttäuscht, aber ich muss mir danach nur die Fortschritte vor Augen führen, die wir bisher gemacht haben und nicht wieder von meiner Linie abgehen, Paula an mich zu binden, indem ich ihr immer irgend etwas biete, damit sie sich ihren "Kick" nicht selbst suchen muss.

Sehr schön ist, dass es über keinen einzigen Mobbingfall zu berichten gibt. 

Ich kann nur jedem empfehlen, Ruhe zu bewahren, seinen eingeschlagenen Weg fortzuführen und sich nicht von irgend jemand einschüchtern zu lassen, der einem Ratschläge in einer anderen Richtung geben will. Ich hätte viele Probleme nicht bekommen, wenn ich immer so gehandelt hätte. Paula merkt nämlich auch, dass ich jetzt die Bestimmerin bin, und nicht irgendwelche wohlmeinenden Hundebesitzer, die wir unterwegs treffen. 

 

 

 

12. 11. 2011

 

Ich vermeide es wo ich nur kann, zu eng an einem anderen Hund vorbeizugehen. Zur Not kehre ich um und nehme einen anderen Weg, um Rückfällen vorzubeugen. Immer versuche ich, einen Bogen zu machen.

Sowie ich einen entgegenkommenden Hund sehe  -  noch bevor Paula etwas gemerkt hat - fülle ich meine Hand mit Leckerlis und werfe ihr schon mal das eine oder andere zu. Sobald sie den Hund bemerkt, bekommt sie eins nach dem anderen vor die "Schnute" gehalten. Sie entscheidet sich immer für die Leckerlis, und wir können sicher vorbeigehen. 

Ich mache das übrigens auch, wenn uns ein freilaufender Hund entgegenkommt. Früher habe ich sie dann immer abgeleint, aber da war sie meistens schon "geladen", so dass es oft nicht gut ausgegangen ist. Durch das immer gleiche Verhalten meinerseits wird Paula auch sicherer und unsere Hundebegegnungen werden immer stressfreier. 

 

18. 11. 2011

 

Wenn man einmal das Training begonnen hat, kann man Hundebegenungen der verschiedensten Art beobachten:

Zunächst mal die mit bekannten Hunden. Da freut man sich schon von weitem, und es läuft alles entspannt ab.

Dann gibt es die mit sensiblen Hundebesitzern, die an meinen Vorkehrungen merken, dass sie es mit einer "Leinenhexe" zu tun haben. Sie gehen zügig und in gebührendem Abstand vorbei. Bei solchen Begegnungen fällt es mir leicht, Paula abzulenken.

Aber auch sensible Hundebesitzer haben oft selbst "Leinenpöbler". Manche haben dieselbe Strategie wie ich. Da klappt auch alles wunderbar. Sind sie jedoch nicht Herr oder Frau der Lage, dann habe ich es schwer mit Paula. (Aber getrocknete Lungenstückchen helfen hier enorm!)

Schön ist es immer, wenn man sich schon von weitem mit ihnen verständigen kann, z. B. darüber, welche Richtung sie einschlagen wollen, ob vielleicht einer von beiden dort bleibt, wo er gerade ist, und der andere in Ruhe vorbeigehen kann.

Aber es gibt auch Hundebesitzer, die sich überhaupt nicht darum kümmern, wie die Begegnungen an der Leine verlaufen. Am unangenehmsten dabei sind die kleinen Kläffer an der Flexileine.

Andere, die ich bitte, ihren Hund nicht so nah an uns heranzulassen, haben die nette Antwort: "Meiner tut nix." Sie können sich halt nicht vorstellen, dass so eine graziöse Pudeldame pöbeln könnte.

Und manchmal gibt es auch Begegnungen der ganz besonderen Art. Neulich trafen  wir eine Frau, die für ihren Hund immer wieder einen Ball warf. Als ich mit Paula an der Leine in die Nähe kam, rief sie den Hund zu sich und ließ ihn sitzen. Ich war sehr erfreut, bedankte mich und ging entspannt vorbei. Aber plötzlich kam dieser Hund wie ein Blitz auf uns zugeschossen - Paula riss natürlich bellend an der Leine. Die Frau hatte den Ball direkt in unsere Richtung geworfen.

Dazu fiel mir nichts mehr ein.

 

1. 12. 2011

 

Seitdem ich immer ein paar getrocknete Sprotten (für Nicht-Nordlichter: kleine Fische) dabei habe, ist alles noch leichter geworden. Selbst wenn eine Katze bereits gesichtet wurde, helfen diese kleinen Fischchen, Paula wieder auf Kurs zu bringen.

Andere Hunde werden oft überhaupt nicht beachtet - obwohl bereits bemerkt - wenn ich rechtzeitig eine Sprotte zur Hand habe. 

Ich hoffe, dass ich die Gegenkonditionierung auf diese Weise irgendwann einmal schaffen werde.

Übrigens gibt es die Sprotten bei dogs4friends. Die Investition ist es wert.

 

22. 1. 2012

 

Dass es längere Zeit nichts Neues gab, liegt daran, dass unsere Fortschritte wohl momentan stagnieren. Das muss nichts Schlechtes heißen. Wir sind immer noch in dem Stadium, dass wir zu enge Begegnungen meiden müssen, alle anderen aber problemlos ablaufen. 

Heute vormittag kam uns ein Mann mit drei angeleinten Hunden entgegen, der sichtlich Schwierigkeiten hatte, die drei zu halten. Sie fingen auch noch an zu bellen. Also nichts wie umgekehrt und einen anderen Weg genommen. 

Heute nachmittag sahen wir schon von weitem ein Treffen dreier Hundebesitzer. Alle drei Hunde an der Leine und in friedlichem Beieinander. Wir schauten uns das Treffen zunächst aus sicherer Entfernung an, und Paula bekam Leckerlis zugeworfen. Einer verließ die Gruppe und lief in gewissem Abstand an uns vorbei. Paula fing weiter ihre Leckerlis. Dann trennten sich die beiden anderen auch. Sie liefen in verschiedene Richtungen, und ich konnte mich für eine dritte Richtung entscheiden. Paula sah die Hunde wohl aufmerksam an, fing jedoch immer ihre Leckerlis und machte keinen gestressten Eindruck. 

Wenn die Situation so beschaffen ist, dass ich ausweichen kann, haben wir also keine Probleme mehr. Das war längst nicht immer so. Wenn ich an die schlimmsten Zeiten zurückdenke, erinnere ich mich, dass Paula schon beim Anblick eines weit entfernten Hundes kaum noch ansprechbar war.

Gegenkonditionierung dauert lange. Manche sagen, man brauche dafür ebenso lange, wie das Problem bestanden hat. Deshalb ist es gut, immer zurückzublicken und sich die Fortschritte, die man bisher gemacht hat, vor Augen zu führen.

 

Im Freilauf gibt es auch keine richtigen Neuigkeiten. Mit Rüden läuft meistens alles gut ab. Es gibt eine kurze Begrüßung und es geht weiter. Das ist übrigens das Wichtigste: Es muss weitergehen. Wir müssen weitergehen. Selbst wenn Paula dann an eine Hündin gerät, der sie es mal wieder zeigen will, dauert das Spektakel nicht lange, wenn wir schon ein wenig entfernt sind und sie rufen. 

 

11. 2. 2012

 

Es ist überall zu lesen, dass Hunde beim Lernen in jeder Situation ihre Umwelt mit einbeziehen. Es finden viel mehr Verknüpfungen statt als man denkt. Ein einfaches Beispiel: Hat ein Hund zufällig bei seinem ersten Gewitter unter einer Brücke gestanden und vor dem lauten Donnern Angst gehabt, wird er die Brücke später wieder mit dem Donner in Verbindung bringen. Von dieser Art gibt es viele Beispiele.

Darüber sollte man Bescheid wissen, wenn man einem Hund etwas beibringt. Man darf z. B. nicht immer in derselben Umgebung üben, wenn er das Verhalten, was er lernen soll, auch anderswo zeigen soll. Das wissen auch die meisten Hundebesitzer.

Warum ich das in meinem Trainingstagebuch schreibe, hat schon seinen Sinn. Wir sind nämlich umgezogen, und da habe ich mir gedacht, dass man die neue Umgebung doch nutzen könnte, um eingefahrene Verhaltensweisen zu korrigieren, denn hier haben ja noch keine Verknüpfungen stattgefunden. Hier gibt es z. B. keine "alten Feinde", die man meiden muss, weil es sonst immer wieder Rückfälle gibt. 

Gedacht, getan! Von Anfang an darauf achten, dass alles nur nach meinem Kommando passiert. In jeder Situation besonders konsequent sein. Alles, was ich früher falsch gemacht habe, kann jetzt in der neuen Umwelt korrigiert werden. Und ich habe mich nicht geirrt. Unsere Hundebegegnungen laufen inzwischen so ab, dass ich entscheide, zu welchem Hund Paula darf und an welchem wir vorbeigehen. 

Ich sage einfach ganz bestimmt: "Wir bleiben hier!" Wenn ich die Möglichkeit habe, einen Bogen zu machen, tue ich das natürlich immer noch. Aber wir haben auch schon direkte Begegnungen an der Leine glücklich bestanden. Natürlich belohne ich Paula während der ganzen Situation immer fürstlich mit der "magischen Hand". Denn es ist ja eine große Leistung, die sie da vollbringt. Außerdem habe ich gelesen, dass Kauen gegen den Stress wirkt. (Ist ja beim Menschen auch so!)

Wenn ich mich mit den anderen Hundehaltern auf Entfernung verständigen kann, bleibe ich stehen und frage, ob es sich um einen Rüden oder eine Hündin handelt. Mit einem Rüden darf sie dann auch mal ein Spielchen machen. Das geht wunderbar am Ufer der Dreisam in Freiburg, wo von jetzt ab Paulas neues Revier ist. Und hier treffen wir tagtäglich viele Hunde mit und ohne Leine. 

 

3. 3. 2012

 

Die Mühe und Konsequenz haben sich gelohnt. In den letzten Tagen mit dem schönen Sonnenwetter mussten wir so einige Prüfungen bestehen. An der Dreisam herrschte - gelinde gesagt - "emsiges Treiben".  Leute in Hängematten an den Bäumen oder um den Grill versammelt am Ufer. Kletterkünstler, die die Brückenmauern zu erklimmen versuchten und dabei auch manchmal plötzlich herunterfielen - natürlich auf eine vorsichtshalber bereitgelegte Matte. Das alles konnte Paula sowieso nicht erschüttern. Auch die vielen Jogger und Fahrradfahrer sind inzwischen Normalität, selbst ẃenn sie ziemlich unerwartet und schnell von hinten kommen.

Aber das Beste ist, dass ich nur noch bei kleinen Hunden, die uns entgegen kommen, meine Vorkehrungen ("magische Hand" und "Wir bleiben hier!") treffen muss, weil ich nicht immer sicher bin, ob die Mobbinglust bei Paula wieder durchkommt. Alle anderen Hunde können wir ohne Probleme passieren. - Ich hätte es mir nicht träumen lassen, nach so kurzer Zeit!  

Aber es gibt immer noch etwas zu tun. Wenn wir den Überweg an der Ampel überqueren müssen, dürfen uns keine kleinen frechen Hunde entgegen kommen, dort werden nur große und ruhige geduldet. Wir arbeiten dran!

 

8. 3. 2012

 

Übermut tut selten gut! Wieder der alte Fehler. Zu früh die Kontrolle abgegeben. Nach einigen Tagen waren die Fortschritte wie weggeblasen. Paula durfte wieder entscheiden - und sie entschied sich für den Kick. Aber diesmal habe ich nicht lange gewartet und die Kontrolle wieder übernommen. Also weiter mit Ansage und magischer Hand. Und schon läuft es wieder. 

Eine Beobachtung ist noch erwähnenswert: Als Paula wieder bei einer ängstlichen Hündin so richtig loslegte, war ich so wütend, dass ich sie sofort sehr kurz nahm, so dass sie gar nicht anders konnte als bei Fuß zu gehen. Ich war innerlich so geladen, dass sie es von der Sekunde an nicht mehr gewagt hat, sich irgend einem entgegenkommenden Hund auch nur ansatzweise zu nähern. 

Das zum Thema "Rudelführer".

 

27. 3. 2012

 

Inzwischen laufen die Spaziergänge sehr gesittet ab, so dass ich manchmal schon vergesse, wie es einmal war. Nur in Extremsituationen gibt es noch Rückfälle, so wie gestern, als uns an einer besonders engen Uferstelle drei frei laufende Hunde neben, vor und hinter dem Fahrrad von Frauchen entgegenkamen. Da halfen keine Ablenkungen. Auch am Fußgängerüberweg dürfen wir noch nicht eng an anderen Hunden vorbeigehen. Da warten wir lieber vorerst noch die nächste Ampelphase ab.

Eins kann ich inzwischen sagen: Durch Paula habe ich gelernt, geduldig zu sein und nicht immer alles sofort erreichen zu wollen. 

 

15. 4. 2012

 

Das Trainingstagebuch ist heute ein halbes Jahr alt.

 

Unterstützend zu all den Maßnahmen, die ich bisher getroffen habe, üben wir jetzt wieder verstärkt das "Bei mir"- Gehen. Dabei muss Paula nicht "Fuß" gehen, aber in meiner unmittelbaren Nähe bleiben - vor, neben oder hinter mir. Das haben wir zum größten Teil mit Leckerliwerfen eingeübt, d. h. wenn Paula von selbst ankam und neben mir lief, habe ich ihr ein Leckerli zugeworfen. Meistens ging sie dann aber wieder weiter nach vorn und kam nach einer Weile zurück, um sich das nächste abzuholen.

Ich habe dann beim Leckerliwerfen das Kommando "Bei mir!" gegeben und das mehrere Male in Folge gemacht. Wenn sie nun nach dem Kommando nach einer Weile wieder nach vorn gehen wollte, habe ich einfach ohne Kommentar auf die Schleppleine getreten. Das hat sie verstanden. Es kam zwar hin und wieder noch mal vor, dass sie vorangehen wollte, aber sie hat es sich sehr schnell abgewöhnt. 

Ich habe das Gefühl, dass ihr das "Bei-mir-Gehen" gut gefällt. Sie macht einen sehr zufriedenen Eindruck dabei. So kommen wir zwar noch nicht an jedem Hund vorbei, aber Paula ist vor einer Hundebegegnung viel ruhiger und lässt sich leicht vorbeilenken.

Das "Fuß"- und "Hand"-Gehen und die kleinen Kunststückchen unterwegs sind natürlich auch immer noch Bestandteil unserer Spaziergänge. Zwischendurch darf Paula aber auch lange und ausgiebig am Ufer schnüffeln. Wenn allerdings Enten in Sicht sind, kommen meine Ablenkungsmanöver mit Leckerliwerfen doch immer noch schnell zum Einsatz. Ich habe Paula zwar die Vogeljagd schon lange abgewöhnt (Siehe Anfängeralphabet!), aber die Enten in der Dreisam hatten es ihr doch angetan, nachdem sie so lange keine mehr erlebt hatte.

Fazit: Unsere Spaziergänge sind zwar noch immer nicht "easy" in dem Sinne, dass ich die Seele baumeln lassen und meinen Gedanken nachhängen kann - vielleicht sollte das auch gar nicht der Sinn eines Hundespaziergangs sein! - aber ich weiß inzwischen genau, wie ich in bestimmten Situationen reagieren muss und ich tue das mit sehr viel Ruhe und Sicherheit. Dadurch fühlt Paula sich auch sicher, und es kommt nur noch selten zu Zwischenfällen.

 

 

2. 6. 2012

 

Heute hatte ich ein Erlebnis, das mich nachdenklich und auch zufrieden gemacht hat. Wir sind an der Dreisam auf dem an einer Stelle ziemlich engen Uferweg einer Pitbullhündin begegnet. Der Besitzer war die Ruhe selbst. Auch als ich ihm erzählte, dass Paula mit einigen Hündinnen Streit bekäme. Er sagte, ich sollte sie ruhig auf sie zugehen lassen, sie sei 12 Jahre alt und sehr ruhig und gelassen. Ich tat wie geheißen und siehe da: Paula hatte den nötigen Respekt vor dem Alter. Alles lief sehr ruhig ab, und nach der Begrüßung ging man friedlich auseinander. 

Ich unterhielt mich längere Zeit mit dem Mann. Er sagte mir, dass seine Hündin früher zum Teil auch sehr dominant gegenüber schwächeren Hunden gewesen sei. Er habe es ihr jedoch sehr klar gemacht, dass sie das nicht dürfe. Auf die Frage wie, sagte er mir, er habe sie ins Platz gezwungen und sei dabei nicht zimperlich vorgegangen. Und bei der nächsten Begegnung mit einem schwächeren Hund habe er ihr vorher ganz klar gesagt, wie sie sich zu benehmen habe. Ein einziges Nein von ihm habe genügt. 

Ja, die Hunde haben halt Respekt vor dem Alter und vor guten Rudelführern. Das nehme ich mir mal wieder zu Herzen.

 

27. 6. 2012

 

Heute möchte ich das Trainingstagebuch beenden. Die Mühe und die Ausdauer haben sich gelohnt. Paula hat an der Leine keinen Ärger mehr mit anderen Hunden, wenn ich sie unter Kontrolle habe. D. h. ich rufe sie zu mir, wenn uns ein anderer Hund an der Leine entgegen kommt, und wir gehen ruhig vorbei. Wenn sie allerdings die Aufforderung nicht befolgen will und ein zu großes Interesse an dem entgegenkommenden Hund zeigt, lasse ich sie sitzen und sage deutlich "Bleib!"  Ist der andere Hund friedlich, können wir danach ebenfalls ruhig weiter gehen.  Wenn wir an einen "Leinenpöbler" oder an eine "Leinenhexe" geraten, dann sieht die Sache allerdings etwas anders aus.  Bis wir daran friedlich vorbeigehen können, wird es wohl noch lange dauern.

Im Freilauf gibt es auch keine Probleme mehr. Wenn Paula sich von einem anderen Hund genervt oder bedrängt fühlt, knurrt sie ihn an und zeigt ihm, dass sie es nicht möchte. Oft geht sie auch einfach weiter. Wenn die Mobbinglust bei kleinen oder ängstlichen Hunden doch noch wieder mit ihr durchgeht, sage ich deutlich "Nein" und rufe sie zu mir. Auch das hilft fast immer.

Eins habe ich mir für die Zukunft vorgenommen. Ich werde mich durch Rückfälle - die es bestimmt ab und zu noch geben wird - nicht aus der Ruhe bringen lassen, und so weiter machen wie bisher. Das Schreiben des Trainingstagebuchs und dessen Veröffentlichung haben mir sehr geholfen durchzuhalten und nicht aufzugeben.

 

Dieses war der letzte Eintrag!

 

Aber es gibt noch einen Nachtrag!